VON SASCHA BERNHARDT Markt Schwaben - Der kleine Bär sitzt etwas schief und blickt mit großen, unschuldigen Augen den Leuten entgegen. Sein Fell ist sichtlich alt, aber gut gepflegt. Dieser drollige Geselle ist aber nicht im Zoo zu finden, sondern gehört in das Sortiment von Manuela Scheininger aus Markt Schwaben. Die leidenschaftliche Stofftiersammlerin hat ihr Hobby zum Beruf gemacht: Am 1. August hat "der Stofftierladen" seine Pforten geöffnet.
Zwischen den unzähligen Hunden, Bären, Katzen und Vögeln stehen auch vereinzelt Puppen in dem kleinen Laden in der Bahnhofstraße. Besonderen Charme versprühen die alten Sammlerstücke in einem Extra-Regal: Ihr Fell wirkt matter, aber auch irgendwie lebendiger, ja fast echt. "Das kommt daher, weil es echt ist", erklärt die erfahrene Sammlerin. Bis in die 60er Jahre wurde für die Tiere ausschließlich das Haar der Mohair-Schafe verwendet. Im Zweiten Weltkrieg sei man kurz auf Kunstplüsch ausgewichen. "Ich will das Niveau meines Geschäftes hochhalten", sagt sie. Die alten Stücke seien ebenso wie neuen Exemplare alle von hoher Qualität. Dass Sammler in ihren Laden kommen, hält Scheininger allerdings für unwahrscheinlich: "Hier im Ort werde ich wohl kaum Sammler finden." Für den Handel mit Sammlerstücken hat sie eigens eine Internetseite eingerichtet.
Bei aller Qualität hat Manuela Scheininger aber auch ein Herz für Kunden mit kleinem Geldbeutel: Ab drei Euro können Kinder bei ihr auch Second-Hand-Stofftiere erwerben. "Schließlich hat es bei mir auch so angefangen", erinnert sie sich. Mit ihren Eltern - ebenfalls leidenschaftliche Spielzeugsammler - sei sie seit ihrem sechsten Lebensjahr auf Märkten unterwegs gewesen. "Damals habe ich für fünf Mark einen ganzen Arm voller Tiere heimgetragen", erzählt Scheininger. In der heutigen Sammlerszene kaum mehr denkbar. "Es ist immer wieder wie Weihnachten, wenn ich ein Stofftier bekomme oder kaufe, das ich noch nicht habe. Ich könnte mir mein Leben ohne diese Leidenschaft gar nicht vorstellen."
An die 800 Sammlerexemplare besitzt die Stofftierfreundin nun. "Die alten Exemplare interessieren mich weit mehr", sagt sie. Sie hätten ein Leben vor ihr gehabt, es entstünde eine Beziehung. In ihrer Sammlung befindet sich auch ein Hund auf der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. "Was soll man da machen? Sie ist halt erblich vorbelastet", scherzt ihre Mutter Doris. Was ein echter Sammlerteddy ist, will auch gepflegt sein: Mit der Zeit hat sich Manuela Scheininger so manches Wissen darüber angeeignet. "Ich verwende mein eigenes Waschgebräu." Das Rezept verrät sie nicht. "Bei falscher Pflege können schlimme Dinge passieren. Und bloß nicht in die Waschmaschine", warnt sie.
Auf ihren Ausflügen auf den Flohmärkten und Tauschbörsen findet Scheininger auch so manches verletztes Stoffwild. "Das nehme ich sofort mit und repariere es. Das tut mir einfach weh, die Tiere so zu sehen", sagt sie. Auch für ihre Kunden will sie Reparaturarbeiten anbieten.
Nachdem die junge Unternehmerin beinahe 14 Stunden am Tag für Renovierung und Vorbereitung investiert hat, gibt sie sich zuversichtlich, sich erfolgreich zu etablieren. "Im Winter werde ich auch im Bärenkostüm durch Markt Schwaben wandern", sagt sie. Aber nicht bei der Hitze in diesem Sommer.